Das am 24.04. gutes Flugwetter geben wird, war absehbar. Als ich am Morgen die Winde angeschaut habe, war mir dann nicht mehr ganz klar ob der Tag wirklich besser sein soll als der Donnerstag. Teilweise recht starker Nordwind soll vor allem gegen Abend die Bündneralpen überspülen. Dazu waren zunehmend, hohe Cirren im Osten prognostiziert. Beide Einflüsse waren in der Streckenplanung zu berücksichtigen. Der Gradient war jedoch super!
Abflug
Als wir am Start waren, hat Rainer uns gemeldet, dass bis zu 40km/h Westwind auf 2000m herrscht und er noch keine Thermik hat. Optisch war eine Konvergenz auszumachen, relativ tiefe Altocumulus, welche unserer Meinung nach also nicht unbedingt durch Thermik entstanden. So dachte ich, zuerst mit Rückenwind in der aufbauenden Thermik fliegen. Eine wunderbare Wolkenstrasse ging von der Zentralschweiz bis in die Region Sargans.
Skysight auf dem LX zeigte schön die Konvergenz
„Zu meiner Überraschung ging es gleich richtig gut los. Schnell über 2m/s steigen, kurz später am Shilsee über 3.5m/s bis an die Luftraumgrenze. Danach folgte ich der Konvergenzlinie und konnte im Geradeausflug weitere 300 Höhenmeter bis zum Pizol gewinnen. Unglaublich guter Abflug! Mein Plan war nun bis ans Ende im Engadin zu fliegen (Müstair), dann ins Wallis und wohl wieder gleich zurück…“
In der gleichen Zeit flog praktisch über Hausen ab, geleitete in den Napf und folgte den Bergketten ins Berneroberland und dann ins Wallis. Die Route schien perfekt zu funktionieren.
„Mir lief es mittlerweile im Engadin nicht gut. Am Piz Nuna habe ich gerade mal 1.2m/s und bis ans Talende dann keine nennenswerte Aufwinde. Bei Müstair ging es zerrissen aber dennoch gut wieder hoch, jedoch bis zur Nuna wieder nichts. So verlor ich durch Versuche etwas zu zentrieren und vorsichtigem Vorfliegen einige Minuten. Später ab Davos ging es wieder gut. In der Region Obersaxen war ich dann überrascht, als Rainer bereits an mir vorbei flog. Scheinbar ging es im Westen gut. Die Basis war so 3300-3500m und Steigwerte oft deutlich über 2m/s. Einzig die Region von Obersaxen bis Furkapass war wieder einmal eine Knacknuss.“
Der Wetterumschwung
Ab dem Mittelwallis hatte es durch den Nordwind grossflächige Aufwinde bis über die Talmitte hinaus. Es ging zügig das Wallis hinunter, jedoch hätte ich von dieser Optik sogar noch mehr erwartet. Bei Martigny traf ich dann auf Felix und Chris, hintereinander flogen wir wieder zurück nach Osten. Dort wurde die Region zunehmend grossflächig von einem Cirrenschirm beeinträchtig. Wie wird sich dieser auswirken?
„Für mich war klar, das gleiche zurück, so weit wie möglich und dann möglichst noch die westlichen Voralpen erreichen. Dieser Plan scheiterte 50min später. Rainer berichtete von schwachen Bedingungen und Abschattungen im Vorderrheintal. Beim Furkapass sah es dann optisch nicht verlockend aus. Ich sah bis weit an den Horizont keine Sonne im Osten (Im Nachhinein war es so labil, es wäre wohl dennoch gegangen…). Optionen via Voralpen war mir zu unsicher, diesen Bereich konnte ich nicht einsehen und es war erst 16 Uhr. Da dachte ich mir – Wallis Südseite! Sah vorher gut aus und war ich dieses Jahr noch nicht. Top, eine Ziel – umkehren und los ging es. Ich hoffte, dass die Cirren nicht zu schnell abdecken. Funktionierte gut bis Brig, dann ein grosses Loch – ich wechselte nochmals an die Nordseite, welche mich gut bis zum Lötschental brachte. Bis dann war jedoch die Südseite grossflächig abgeschattet, während nun die Nordseite gute Sonneneinstrahlung hatte – schade! Ich zögerte kurz, aber entschloss mich denn für den konservative Weg mit dem neuen Ziel weiter am Les Diablerets bis Leysin. Es sah einfach sehr dunkel aus. Kurze Zeit später meldete sich Rainer südlich von Sion, etwas vor mir… ging wohl doch!“
Wolkenstrasse im Wallis
Satellitenbild 16Uhr
Das Kilometerschruppen
Die Region Brienzerrothorn und den Voralpen nach Osten sahen soweit gut aus. Im Wallis nahm die grossflächige Bewölkung zu. Das Berneroberland war zwar auch mehrheitlich abgeschattet, aber eingangs Simmental sah es wieder gut aus. Der Cirrenschirm wurde dünner, im Westen war dieser noch nicht eingetroffen.
Blick in Richtung Genfersee um 17Uhr
„Dorthin soll es nun gehen. In der Hoffnung so gut hinter das Cirrenband zu kommen und im wieder aufgebautem Gebiet noch ein paar Km machen zu dürfen – eventuell zum Säntis? In den Voralpen der Zentralschweiz wurden nun die Cirren wieder dichter. Ich setzte mir ein neues zwischen Ziel – immerhin noch ins Alpthal zu gelangen. Von Interlaken ging 40km gar nichts. Am Pilatus drehte ich ein paar Mal mit 0.4m/s im Schatten und dachte ans Tagesende. Mit leichtem versetzen wurde das Steigen nochmals besser und schliesslich ging es gut bis an die Basis.
Das gleiche Spiel im Alpthal und dann sogar nochmals im Fronalpstock bei Mollis. Ich konnte es kaum glauben. Keine Sonne und es ging noch mit 1.4m/s an einem Ort, wo ich noch nie Steigen hatte. Nach Osten war leider alles abgeschattet. Erst am Falknis war es wieder sonniger. Da aber am Morgen bis dorthin eine schöne Konvergenz war und diese optisch immer noch so erschien, flog ich dennoch vorsichtig mal weiter. Es ist nun 18:50 Uhr. Ausser etwas Steigen an den Churfirsten ging nichts mehr. Es war schon spannend, um 19Uhr und unter 8/8 Wolken überhaupt noch zu Steigen zu finden. Aber soll ich noch weiter? Am Falknis hat es noch Sonne… Ich ging – als ich dann später an der Westflanke beim Falknis auf 2350m eintraf, war das Licht auch eher milchig. Dennoch ging es 0.7-1.4m/s nochmals hoch an die eher tiefe Basis von knapp 3000m. Jetzt die grosse Entscheidung: Ich müsste noch bis zum Chrüz fliegen (20km). Dort hat es eine grosse Wolke, welche aber zunehmen schlechter aussieht. Seit mehreren Minuten gibts keine Sonne mehr. Es ist nun 19:20! Es hat Westwind, 30-40km/h Gegenwind… Um nicht im Lee zu versinken müsste ich schön hoch bleiben können. Dies schien mir nicht möglich. Meine letzte Hoffnung war einen Welleneinstieg, aber dies klappte auch nicht!“
Unterschiedliche Wettergebiete
In der Zwischenzeit konnte Rainer und Chris im noch sonnigeren Westen und den gut gelegenen Voralpen zwischen Thun und Pilatus optimaler die Strecke verlängern.
„Ich war am Falknis „Schachmatt“ gesetzt. Ein langer Endanflug und die Landung nach 20Uhr. Wow, ein so langer Flugtag hatte ich noch nie im April, unglaublich und dies praktisch ohne Sonneneinstrahlung. Das Steigen schien besonders oben heraus besser zu werden. Es gab keine bestimmten Ablösepunkte. So ging am Morgen dem Südrand des Walensee entlang. Abends schien der Westwind und die Geländeerhebung bestimmend zu sein.
Gratulation an Rainer, er hat wieder mal vieles sehr Gut gemacht und am heutigen „Kilometerschruppen“, wie er es nennt, die 1000km voll gemacht!“
Endanflug um 19:45Uhr
Analyse
Hilfreich war heute der Abflug in Richtung Westen. Das Engadin lief noch nicht, während es im Berneroberland scheinbar super gut ging. Grundsätzlich die Verlängerung am Abend nochmals im Westen machen zu können, war klar ein Vorteil.
Besonders Glücklich bin ich mit meiner Verlängerung bis zum Falknis. Dass dies bei einer so starken Abdeckung und so spät überhaupt noch Aufwind gibt, war einfach nur super!
Hier noch eine kleine Analyse der Geschehnisse, Entscheidungen und Routenanpassung aufgrund der Abdeckung:
Aber das „Wieso“ interessiert mich schon noch!
Die Antwort liefert Meteoschweiz im Blog gleich selber:
Nachlassender Hochdruckeinfluss als Folge von Vergenzen
Das Hoch, welches in den letzten Tagen zur Hauptsache das Wetter im Alpenraum bestimmte, hat sich schon gestern stark abgeschwächt. Auch heute ging sein Zerfall weiter. Dies kann man sowohl in den tieferen als auch in den höheren Atmosphärenschichten beobachten. Über der Ostschweiz beispielsweise ging das Geopotential auf 850 hPa von 1500 auf 1470 Meter zurück, auf 500 hPa wurde ein Abfall von 5680 m auf 5650 Meter festgestellt. Es fragt sich nun, wie ein solcher Abbau von statten geht.
Generell ist es ja so, dass ein Niveauabfall in allen Höhen nur dann stattfinden kann, wenn über die gesamte Luftsäule vom Boden bis zur Tropopause Luft weggeführt wird. Man spricht im Fachjargon von Divergenz. In der Atmosphäre ist es aber in den meisten Fällen so, dass in Bodennähe die Vergenz ein gegenteiliges Vorzeichen hat als unmittelbar an der Tropopause. Wenn also in Bodennähe Divergenz herrscht, ist in grösserer Höhe von Konvergenz auszugehen, und umgekehrt.
Im Gleichgewichtszustand kompensieren sich diese Vergenzen, so dass sich die Geopotentiale in den verschiedenen Drucklevels kaum ändern. Soll also das Niveau in den verschiedenen Drucklevels fallen, so muss entweder die Divergenz in Bodennähe stärker sein als die Konvergenz in Tropopausennähe oder aber in Tropopausennähe muss eine stärkere Divergenz herrschen als in Bodennähe Konvergenz.
Es spielt nun aber für den Zustand der Atmosphäre eine entscheidende Rolle, welcher der beiden oben beschriebenen Prozesse vorherrscht. Herrscht oben schwächere Konvergenz als unten Divergenz, so fällt wohl das Niveau in allen Drucklevels ab, es herrscht aber immer noch Subsidenz, womit es kaum zur Wolkenbildung kommt.
Herrscht in der Höhe eine stärkere Divergenz als unten Konvergenz, so muss in der gesamten Luftsäule mit Hebung gerechnet werden, was entsprechend Wolkenbildung und Niederschläge auslösen kann.
Darstellung von Konvergenzen und Divergenzen im Fall von Hochdruckgebieten, wie es in diesem Monat of der Fall war – nicht aber heute.
Darstellung von Divergenzen und Konvergenzen im Fall von Tiefdruckgebieten. Heute herrschte über der Ostschweiz bereits eher die Situation von sich verstärkendem Tiefdruckgebiet vor, wenn auch nur randlich.
Situation auf 850 hPa heute um 06 UTC (links) und 24 UTC (rechts). Man sieht, wie das Geopotential um 30 Meter abnimmt.
Situation auf 500 hPa gemäss COSMO-7 heute um 06 UTC (links) und heute um 24 UTC (rechts). Man sieht, wie das Geopotential auch auf 500 hPa um 30 Meter abnimmt. Gleicher Niveauabbau auf ganz unterschiedlichen Höhen wird in diesem Fall ausgelöst durch stärkere Divergenz in der oberen Troposphäre gegenüber schwächerer Konvergenz in bodennahen Luftschichten.
Leichte Hebung in der Atmosphäre
Im aktuellen Fall ist es so, dass der Niveauabbau nur gering ist. Es scheint aber doch so zu sein, dass in der Atmosphäre nun eher Hebung herrscht als Subsidenz. Dafür spricht, dass das 850 hPa Niveau über der Ostschweiz eher zyklonal gebogen ist, was auf eine Konvergenz in Bodennähe schliessen lässt.
Ein weiterer Punkt spricht ebenfalls für Hebung. Wenn nämlich die Previtemps von heute 06 Uhr und heute 24 Uhr verglichen werden, so kann klar gesehen werden, dass die Höheninversion stark angehoben wurden. Lag ihre Untergrenze um 6 UTC noch bei 700 hPa (ca. 3000 Meter), wird sie sich 18 Stunden später bei 600 hPa befinden (ca. 4300 Meter). Eine Hebung von 1300 Metern also. Zudem schwächt sich die Inversion auch ab, was ebenfalls ein Kennzeichen von Hebung ist.
Kaltluftadvektion kann im Übrigen auch Niveauabbau bedeuten. Dies aber mit zunehmende Höhe unterschiedlich. Der Grund dafür liegt in der höheren Luftdichte der zugeführten Kaltluft. In diesen Fällen ist dann oft so, dass das Geopotential auf 1000 hPa unverändert bleibt, aber in der Höhe stark abfällt, dies besonders in Tropopausennähe.
Heute herrscht aber kaum Kaltluftadvektion, was ja auch daran ersichtlich ist, dass die Geopotentiale in allen Drucklevels in einer ähnlichen Grössenordnung sinken.
Darstellung der heutigen Hebung. Rechts im Bild wird durch Previtemps dargestellt, wie stark die Hebung zwischen heute um 06 UTC und heute 24 UTc ausfällt. Gut erkennbar ist dies dank einer kräftigen Inversion. Ihre Untergrenze lag heute um 06 UTC bei 700 hPa (3000 Meter), sie wird um 24 UTC auf 600 hPa (4300 Meter) erwartet. Dies ergibt einen Anstieg von 1300 Metern. Wie üblich wird durch Hebung die Inversion auch abgeschwächt.
Dennoch vorerst kaum Schauer
Da aber heute auf 3000 Metern eine Inversion lag, konnte der Feuchteschub, welcher heute unterhalb 3000 Metern von Nordwesten her stattfand, sich nicht in grösseren Quellwolken zeigen. Konsequenterweise gab es auch keine Schauer!
Super Analyse.
Passt auch zu meinem viel bescheidenerem aber auch sehr schönem Flug.